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Authentische Führung

Dieser Beitrag ist Teil der Serie Leadership for Change

Andere Beiträge in dieser Serie:

  1. Ambidextre Führung
  2. Artful Leadership
  3. Authentische Führung
  4. Idiosynkrasie-Kredit-Theorie der Führung
  5. Neuroleadership
  6. Servant Leadership
  7. Transformationale Führung
  8. Serieninfo: Leadership for Change

„Dies über alles: Sei Dir selbst treu.“ Mit diesem Zitat aus Shakespeares Hamlet ist die Kernidee der Authentizität trefflich umschrieben. Wer authentisch führt, agiert im Einklang mit seinen innersten Werten, Motiven und Emotionen. Im Idealfall folgen authentisch Führende ihren eigenen hohen Maßstäben für Integrität. „Und daraus folgt so wie die Nacht dem Tage, Du kannst nicht falsch sein gegen irgendwen“, schreibt der Dichter weiter. Die Konsequenz der authentischen Führung: Bei den Mitarbeitern verstärkt sie die Bereitschaft, ebenfalls reflektiert dem wahren Ich zu entsprechen. Außerdem sind positive Effekte auf die Organisation nachweisbar.

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Kernidee des Konzepts

Durch ein Verhalten des Leaders, das mit dessen innersten Orientierungen übereinstimmt, soll bei den Mitarbeitern ebenfalls ein wertorientiertes und motivkonformes Verhalten hervorgerufen werden. Der authentisch Führende dient als Vorbild. Beim Konzept der authentischen Führung wird angenommen, dass die agierenden Personen einen verantwortungsvollen Umgang miteinander anstreben und die Interessen der Organisation beständig im Blick behalten. Dreh- und Angelpunkt bleibt die Authentizität der Führungskraft:

  • Dazu bedarf es zunächst der Selbsterkenntnis. Diese wird durch eine Innenschau gewonnen, bei der die eigenen Anliegen und das eigene Tun reflektiert werden – besonders an wegweisenden Stellen und den damit verbundenen Erlebnissen. Eingewoben in den Prozess werden Einschätzungen durch Dritte. Am Ende soll die Führungskraft Klarheit über ihre Identität, Moralität und das, was ihre Persönlichkeit mit allen Stärken und Schwächen ausmacht, gewinnen.
  • Zudem braucht es die Fähigkeit zur Selbstregulation. Die Führungskraft muss an sie herangetragene Informationen vorurteilsfrei würdigen, ausgewogen abwägen, sich in der Führungsbeziehung transparent geben sowie moralische Prinzipien vertreten. Engstirnigkeit oder Impulsivität sind kein legitimes Verhalten.

Die Beachtung dieser beiden Prinzipien ermöglicht eine authentische Führung, deren Wirkung aber nur durch eine gleichgerichtete mitarbeiterseitige Wahrnehmung entsteht. Deshalb konzentriert sich die Forschung heute auf die Frage, wodurch eine solche Zuschreibung gefördert wird. Als wesentlich haben sich zwei Aspekte herauskristallisiert:

  • Die Kommunikation einschneidender Erlebnisse aus dem eigenen Leben, insbesondere persönliche Wendepunkte und Fälle des Scheiterns und die damit verbundenen Lerneffekte (Storytelling).
  • Die Übereinstimmung der eigenen Körpersprache, der Mimik und der Gestik mit dem, was gesprochen und an Botschaften gesendet wird.

Leitgedanke

Erkenne dich selbst, dann kannst du andere auf diesem Weg unterstützen, gemeinsam die Führungsbeziehung auf einen festen Grund setzen und offen über Veränderungen diskutieren.

Bedeutung für Veränderungsprozesse

Die Theorie der authentischen Führung hilft, die Wichtigkeit vorbildhaften Verhaltens zu verstehen. Sie beschreibt, wie man im Reden und Tun Glaubwürdigkeit erreicht und welche Auswirkungen dies auf das Umfeld haben kann. Sie gibt einen klaren Orientierungspunkt für Führungskräfte. Die Glaubwürdigkeit der Führungsperson ist eine optimale Voraussetzung, Veränderungsprozesse zu kommunizieren und zu realisieren. Allerdings werden die Werte und Motive einer authentischen Führungskraft nicht automatisch zu denen der Mitarbeiter. Aber es entsteht ein Anknüpfungspunkt, sich über Normen auszutauschen, um dann etwa mittels transformationaler Führung auch in der Belegschaft einen Einstellungswechsel zu erreichen.

Erfolgsgrößen

Die authentische Führung ist empirisch moderat erforscht. Sie ist eine Ausprägung der positiven Psychologie und aus zwei Gründen wertgeladen: Zum einen wird Authentizität für die Gestaltung von Beziehungen per se als wertvoll eingestuft. Zum anderen wird davon ausgegangen, dass authentisch Führende stets nach „guten“ Werten streben und integer handeln. Empirische Studien deuten für verschiedenste Organisationstypen auf eine mittelstarke Unterstützung dieser Annahmen hin, wobei die generelle Zufriedenheit mit dem Vorgesetzten eine wichtige Rolle spielt. Und auch das Wohlbefinden, die Verbundenheit zur Organisation oder die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter werden beeinflusst. Nicht überraschend ist, dass als gerecht empfundene Prozesse der Organisation die authentische Führung unterstützen. Oder anders ausgedrückt: Die glaubwürdige Führung einzelner Leader in einer insgesamt als ungerecht empfundenen Organisation wird am Ende verpuffen.

Verbreitung in der Unternehmenspraxis

Authentizität ist in der Praxis ein großes Gesprächsthema. Ihre theoretische Basis sowie die empirischen Effekte sind jedoch weniger bekannt, das Anekdotische dominiert. Einerseits gibt es Versuche, gerade in den Medien, die authentische Führung als schwaches Gegenbild zum Ideal einer willensstarken, mit allen Wassern gewaschenen Führungskraft zu diskreditieren. Andererseits wird Authentizität als Wesenskern im modernen Change Management von vielen Wissenschaftlern, aber auch von normativ inspirierten Experten für unabdingbar gehalten. Weitere Verbreitung fände diese Position sicherlich, wenn die Forschung die modellimmanente Annahme, dass Führungskräfte über Reflexion positive Werte und Integrität entwickeln, generell stützen könnte.

Hype-Potenzial: ★

Die Theorie hat in der jüngeren Vergangenheit einen Hype erlebt, der mittlerweile wieder verflogen ist. Allerdings versuchen prominente Protagonisten aus Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft stets aufs Neue, diesen wieder anzufachen. Ihr Wert liegt zweifelsohne in der Forderung nach einer Reflexion der eigenen Werte und inneren Überzeugungen. Was man dann daraus macht, mag variieren. Die Theorie zeigt jedenfalls, wie ein glaubwürdiges, auf Vorbild angelegtes Handeln in der Führungspraxis möglich ist. Außerdem verdeutlicht sie, dass Führung in die jeweilige Situation eingebettet ist. So lenkt sie den Blick auf den Kontext, die Struktur und die Kultur der Organisation, die ein authentisches und damit wertbasiertes Führungshandeln manchmal erleichtern und gelegentlich erschweren.

 

Dieser Text erschien ebenfalls in Changement!, 2017, 9, 32-33.

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