Globus in Glühbirne vor grünem HintergrundIn den letzten Jahren gewann das Konzept des Nachhaltigen Personalmanagements (Sustainable HRM) zunehmend an Bedeutung. Dies rückt die Frage in den Fokus, welchen Beitrag die Personalfunktion zu einem sozial verantwortlichen und ökologisch orientierten Management leisten kann. Dabei stehen Themen wie Gesundheit am Arbeitsplatz, Aus- und Weiterbildung sowie Inklusion und Diversitätsmanagement im Vordergrund. Parallel dazu gewinnt das umweltorientierte Personalmanagement (Green HRM) an Bedeutung, da es einen wichtigen Hebel bietet, um die Umweltorientierung von Unternehmen zu unterstützen. Im Hinblick auf zentrale HRM-Funktionen wie Rekrutierung, Personalentwicklung oder Vergütung werden hier Handlungsempfehlungen entwickelt, die Green HRM in Unternehmen verankern. Green HRM bildet somit einen essenziellen Bestandteil für ein Nachhaltiges Personalmanagement. Bei vielen dieser Maßnahmen spielt die umweltorientierte Personalführung eine entscheidende Rolle (Müller-Camen und Neubauer 2025). Dem gehen wir nun vertiefend nach.

Green HRM: Wie die Führungskraft umweltorientiert agiert

Führungim Bereich der ökologischen Nachhaltigkeit umfasst nach Zacher et al. (2024) das Lenken, Kontrollieren und Beeinflussen der Mitarbeitenden zur Erreichung von Umweltzielen. In diesem Zusammenhang lautet die zentrale Frage, ob sich umweltfreundliche Verhaltensweisen und Einstellungen einer Führungskraft auf die Mitarbeitenden auswirken. Führungskräfte, die durch ihr eigenes umweltfreundliches Verhalten ein Vorbild sind, setzen einen wichtigen Impuls, der Mitarbeitende dazu motiviert, ähnliche Verhaltensweisen zu adaptieren. Wenn Führungskräfte beispielsweise deutlich zeigen, dass sie Umweltinitiativen aktiv unterstützen, wird dieses Engagement nicht nur von den Mitarbeitenden wahrgenommen, sondern häufig auch nachgeahmt und mit der Zeit als Standard innerhalb der Organisation angesehen. Damit Führungskräfte umweltorientiert führen können, müssen sie selbst umweltfreundliche Verhaltensweisen und Einstellungen aufweisen. Dies wirkt zwar offensichtlich, spiegelt sich jedoch selten in der Praxis wider. So setzen Führungskräfte nicht selten auf einen Dienstwagen mit hohem Benzinverbrauch als auf ein Dienstrad oder bevorzugen im Zweifel auch oft das Flugzeug gegenüber der Bahn. Zur Förderung umweltorientierter Einstellungen und Verhaltensweisen sollten Unternehmen spezifische Trainings- und Entwicklungsprogramme für Führungskräfte implementieren. Workshops, Umweltbildungsinitiativen oder Führungsseminare sollten konkrete Strategien vermitteln, um Führungskräfte in ihrer Vorbildrolle zu stärken. Diese Programme helfen nach Zacher et al. (2024) den Führungskräften, umweltfreundliche Maßnahmen in ihren Arbeitsalltag zu integrieren. In einer Studie der Wirtschaftsuniversität Wien (Baldassari et al., 2023) wurden 64 Teams untersucht, wobei in 60% dieser Teams Führungskräfte umweltbewusstes Verhalten der Teammitglieder durch ihre Vorbildfunktion und direkte Unterstützung förderten. Diese Teams konnten eine verbesserte Teamdynamik, erhöhte Motivation, und eine nachhaltige Unternehmenskultur aufweisen.

Ein weiterer zentraler Einflussfaktor auf das Umweltverhalten der Mitarbeitenden ist laut Baldassari et al. (2023) der fit zwischen Person und Vorgesetztem sowie zwischen Person und Gruppe. Ein hoher fit fördert das Gefühl der Zugehörigkeit und Wertschätzung, was wiederum die Bereitschaft der Mitarbeitenden erhöht, sich umweltfreundlich zu verhalten. Dies fördert eine stärkere Identifikation der Mitarbeitenden mit ihrem Team und ihren Vorgesetzten, wodurch die Effektivität von Umweltinitiativen gesteigert wird. Ein hoher fit kann durch gezielte Einstellungsverfahren, Teambuildingaktivitäten und regelmäßige Evaluierungen der Teamdynamik unterstützt werden. So kann das umweltfreundliche Verhalten der Mitarbeitenden verstärkt und die Effektivität von Umweltinitiativen erhöht werden.

Umweltstrategien sollten sowohl Top-Down- als auch Bottom-Up-Ansätze integrieren, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Führungskräfte übernehmen dabei eine Vorbildfunktion, während gleichzeitig die individuellen Beiträge der Mitarbeitenden anerkannt und gefördert werden sollten. Ein solcher ganzheitlicher Ansatz, wie Baldassari et al. (2023) betonen, ermöglicht es, Umweltverantwortung auf allen Ebenen der Organisation zu verankern. Unternehmen sind gefordert, langfristig ein tief verwurzeltes Umweltbewusstsein zu schaffen. Dazu gehört die Einbindung von Umweltzielen in die Unternehmenswerte, der Aufbau einer offenen Kommunikationskultur für Umweltinitiativen sowie die Förderung von nachhaltigen Innovationen. Führungskräfte, die bereits erfolgreich umweltfreundliches Verhalten in ihren Teams etabliert haben, können ihr Wissen und ihre Erfahrungen im Rahmen von Mentoring weitergeben und so andere Führungskräfte bei der Umsetzung umweltorientierter Strategien unterstützen. Der Austausch von Wissen und Erfahrungen unterstützt die Verbreitung bewährter Praktiken im gesamten Unternehmen. Dadurch wird umweltfreundliches Verhalten zunehmend als wesentlicher Bestandteil der Unternehmensidentität etabliert.

Führungsstile einer nachhaltigen Personalführung

Verschiedene Führungsstile in Verbindung mit Green HRM können entscheidend dazu beitragen, ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein und proaktives Umweltverhalten in Organisationen zu fördern. Drei davon stellen wir nun näher vor.

Unser erster Führungsstil Environmentally Specific Authentic Leadership (ESAL) ist eine spezifische Form des authentischen Führungsstils, die einen besonderen Fokus auf Umweltbewusstsein und nachhaltiges Verhalten legt. Dieser Führungsstil zeichnet sich durch ein ausgeprägtes Bewusstsein für eigene Werte, moralische Prinzipien und Überzeugungen aus. Führungskräfte, die authentisch handeln, agieren im Einklang mit ihren inneren Überzeugungen und treten nach außen konsistent auf, was ihre Authentizität und Glaubwürdigkeit stärkt. Authentische Führung führt zu höherem Vertrauen, Wohlbefinden und Engagement, was wiederum die Leistungsfähigkeit der Organisation nachhaltig verbessern kann​. Nach Weibler (2023) reflektieren authentische Führungskräfte ihre eigenen Werte, Überzeugungen sowie Handlungen und passen ihr Verhalten entsprechend an.

Der ESAL-Ansatz kombiniert die Prinzipien authentischer Führung mit einem klaren Schwerpunkt auf Umweltthemen. Führungskräfte nehmen eine Vorbildrolle ein, indem sie ihr Umweltengagement glaubwürdig und konsequent leben. Dieser Führungsstil erfordert Transparenz und Selbstbewusstsein: Führungskräfte müssen ihre eigenen Umweltwerte und Überzeugungen reflektieren, klar formulieren und authentisch kommunizieren. Eine offene und ehrliche Kommunikation von Umweltzielen und -strategien stärkt das Vertrauen der Mitarbeitenden und verdeutlicht, dass die Führungskräfte die umweltorientierten Initiativen wirklich unterstützen. Zudem integrieren Führungskräfte ethische und moralische Überlegungen in ihre Entscheidungsprozesse, wodurch sie das Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeitenden fördern und ein gemeinsames Engagement für nachhaltige Ziele anregen. ESAL zeichnet sich nach Luu (2024) dadurch aus, dass Führungskräfte ihre moralische Einstellung zum Umweltschutz nicht nur offen kommunizieren, sondern diese auch in ihrem täglichen Handeln widerspiegeln.

Der zweite Führungsstil, das Environmentally Specific Transformational Leadership (ESTL), legt den Schwerpunkt auf die Förderung und Unterstützung von Umweltverantwortung innerhalb eines Unternehmens. Nach Weibler (2023) zielt dieser Führungsstil darauf ab, die Werte, Bedürfnisse und Ziele der Mitarbeitenden so zu transformieren, dass sie zu Leistungen befähigt werden, die weit über die üblichen Erwartungen hinausgehen. Ein zentrales Merkmal von ESTL ist die Fähigkeit, Mitarbeitende zu inspirieren, ihre eigenen Interessen zugunsten des Wohls der Umwelt zurückzustellen. Robertson (2018) identifiziert vier zentrale Charakteristika dieses Führungsstils, die darauf abzielen, Umweltprobleme proaktiv anzugehen und eine Kultur der Umweltverantwortung innerhalb von Organisationen zu fördern.

Idealisierter Einfluss: Danach ist es Aufgabe der Führungskräfte, als Vorbilder zu fungieren und durch persönliches Beispiel voranzugehen. Führungskräfte können im Alltag ökologisch vorbildlich handeln, indem sie beispielsweise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Arbeit kommen anstatt mit dem Auto.

Inspirierende Motivation: Durch die klare Formulierung und Kommunikation spezifischer Umweltziele inspirieren und motivieren Führungskräfte die Mitarbeitenden, Umweltziele zu übernehmen. Ein typisches Beispiel ist die Umsetzung von papierlosen Büros.

Intellektuelle Anregung: Führungskräfte unterstützen innovatives Denken in Umweltfragen und bieten dabei gezielte individuelle Förderung. Durch Schulungen und Workshops lässt sich das Umweltbewusstsein der Mitarbeitenden schärfen und ihre Fähigkeit, innovative und nachhaltige Lösungen zu entwickeln, gezielt stärken.

Individuelle Berücksichtigung: Darüber hinaus sollten die Führungskräfte gezielte Unterstützung und Ressourcen zur Verfügung stellen, um das Umweltbewusstsein zu stärken. Individuelle Entwicklungspläne, die auf die ökologischen Interessen und Fähigkeiten der Mitarbeitenden zugeschnitten sind, können dabei hilfreich sein.

Der dritte Führungsstil, das Environmentally Specific Servant Leadership (ESSL), priorisiert das Wohl der Mitarbeitenden über die persönlichen Interessen der Führungskraft. ESSL betont die Förderung von Wertschätzung und Entwicklung der Mitarbeitenden, wobei sich die Führungskraft als unterstützender Diener ihrer Teams versteht und sich aktiv um deren berufliche sowie persönliche Weiterentwicklung bemüht. Zu den zentralen Merkmalen dieses Führungsstils zählen aktives Zuhören, Empathie, Bewusstsein, Überzeugungskraft, Heilung sowie die Fähigkeit, klare Visionen zu entwickeln und zu vermitteln.

ESSL bietet einen wirksamen Ansatz, um umweltfreundliches Verhalten innerhalb von Organisationen zu fördern. Führungskräfte, die diesen Stil verfolgen, agieren nach Tuan (2021) als Vorbilder, indem sie pro-ökologische Werte leben und ein starkes Engagement für umweltorientierte Ziele zeigen. Sie ermutigen ihre Mitarbeitenden aktiv, umweltfreundliche Initiativen zu ergreifen, und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Nachhaltigkeit sowohl innerhalb der Organisation als auch in der breiteren Gemeinschaft.

Ein wesentlicher Mechanismus, durch den ESSL die Umweltleistung positiv beeinflusst, ist die Etablierung einer umweltbewussten Unternehmenskultur. Ein solches Klima zeichnet sich durch die gemeinsame Wahrnehmung und Unterstützung nachhaltiger Praktiken aus. Führungskräfte schaffen diese Kultur, indem sie die Relevanz von Nachhaltigkeit hervorheben und den Mitarbeitenden die notwendigen Ressourcen sowie Freiräume bereitstellen, um eigenständig umweltfreundliche Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen.

Regelmäßige Schulungen und Workshops dienen dazu, das Umweltbewusstsein der Mitarbeitenden zu sensibilisieren und ihr Wissen über nachhaltige Praktiken gezielt zu erweitern. Gleichzeitig tragen diese Maßnahmen zur Entwicklung eines umweltbewussten Klimas innerhalb der Organisation bei. Ein solches Klima fördert nicht nur die Zusammenarbeit im Team, sondern steigert auch das kollektive Engagement für die Umsetzung umweltfreundlicher Maßnahmen und nachhaltiger Leistungsziele. Führungskräfte können zudem gezielte Anreizsysteme implementieren, um umweltfreundliches Verhalten aktiv zu fördern. Dies kann durch finanzielle Anreize oder durch Anerkennungsprogramme geschehen, die nachhaltige Beiträge der Mitarbeitenden würdigen. Solche Maßnahmen sind ein wirkungsvolles Instrument, um die Motivation der Belegschaft zu steigern und ihr Engagement für die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen zu intensivieren. Durch ihre gezielte Unterstützung verstärken Führungskräfte die positiven Effekte von Green HRM und tragen dazu bei, ein proaktives und dauerhaftes umweltfreundliches Verhalten innerhalb der Organisation zu etablieren.

Fazit: Green Leadership

Führungskräfte sind laut Darvishmotevali et al. (2022) gefordert, eine klare „umweltorientierte Vision“ zu entwickeln und ihre Mitarbeitenden gezielt anzuleiten, um nachhaltige Unternehmensziele zu erreichen, die sowohl der Organisation als auch der Gesellschaft zugutekommen. Dabei liegt es in ihrer Verantwortung, den bestehenden Status quo kritisch zu hinterfragen und ihre Organisation aktiv in Richtung eines proaktiven kollektiven Umweltbewusstseins und eines nachhaltigen Verhaltens zu transformieren.

Baldassari, P., Eberhard, S., Jiang, Y., Muller‐Camen, M., Obereder, L., Schiffinger, M., & Thiele, R. (2023). Looking up and fitting in: Team leaders‘ and members‘ behaviors and attitudes toward the environment in an MNC. Human Resource Management, 62(3), 267-282.

Darvishmotevali, M., & Altinay, L. (2022). Green HRM, environmental awareness and green behaviors: The moderating role of servant leadership. Tourism Management, 88, 104401.

Luu, T. T. (2024). How and when to activate hospitality employees’ organizational citizenship behavior for the environment in South Korea and Vietnam. Journal of Sustainable Tourism, 32(1), 151-183.

Müller-Camen, M., & Neubauer, S. (2025). Umweltorientierte Personalführung. In L. Rosenstiel, E. Regnet, & M. E. Domsch (Hrsg.), Führung von Mitarbeitern: Handbuch für erfolgreiches Personalmanagement. Stuttgart: Schäffer-Poeschel, in Druck.

Robertson, J. L. (2018). The nature, measurement and nomological network of environmentally specific transformational leadership. Journal of Business Ethics, 151(4), 961-975.

Tuan, L. T. (2021). Effects of environmentally-specific servant leadership on green performance via green climate and green crafting. Asia Pacific Journal of Management, 38(3), 925-953.

Weibler, Jürgen (2023). Personalführung: Personen – Beziehungen – Kontexte – Wirkungen (4., komplett überarbeitete und erweitere Auflage). München: Verlag Franz Vahlen.

Zacher, H., Kühner, C., Katz, I. M., & Rudolph, C. W. (2024). Leadership and environmental sustainability: An integrative conceptual model of multilevel antecedents and consequences of leader green behavior. Group & Organization Management, 49(2), 365-394.