„Als HR-Profi habe ich Führungskräfte oft ermutigt, mit ehemaligen Teammitgliedern in Kontakt zu bleiben, ihr Netzwerk zu pflegen und wirklich nach Möglichkeiten zu suchen, Menschen zurückzubringen.“
Die Erfahrungen von Jobwechslern, die von einem Unternehmen zum nächsten wechseln, sind sehr unterschiedlich. Während manche Mitarbeiter das Gras auf der anderen Seite grüner finden, fühlen sich andere im neuen Job schlechter gestellt. Sie beschließen, zu ihrem früheren Arbeitgeber zurückzukehren und sogenannte „Boomerang-Mitarbeiter“ zu werden.
Da sich 55 % der Führungskräfte Gedanken über die Einstellung der richtigen Talente machen, scheint die schnelle und „richtige“ Wiedereinstellung von Talenten eine attraktive Lösung für Unternehmen zu sein. Mitarbeiter, die das Unternehmen bereits kennen, nach einiger Zeit wieder einzustellen, kann niedrigere Einstellungskosten und einen schnelleren Onboarding-Prozess ermöglichen sowie den Vorteil bringen, auf das vorhandene institutionelle Wissen und das Netzwerk des Mitarbeiters indirekt zurückgreifen zu können.
Obwohl bisher relativ wenig über das Ausmaß des Boomerang-Trends bekannt war, kann das Wissen, ob Mitarbeiter nach der Kündigung zurückkommen, als Thermometer für die Mitarbeiterstimmung einer Organisation dienen. Bestimmte Aspekte der Talentmobilität innerhalb und außerhalb des Unternehmens können HR- und Unternehmensleitern dabei helfen, mehr darüber zu erfahren, wer das Unternehmen verlässt, zurückkehrt und warum. Unter welchen Bedingungen kommen sie zurück und wann? Und wie können wir die Mitarbeitererfahrung während ihres gesamten Lebenszyklus verbessern? Dazu haben wir, basierend auf datenwissenschaftlichen Analysen der Community Data von Visier, die 15 Millionen Mitarbeiterdatensätze enthalten, weitere Daten analysiert. Dabei haben sich unter anderem folgende zentrale Erkenntnisse herauskristallisiert:
Die Rückkehr zum alten Job: schon lange ein Phänomen
Vorbei sind die Zeiten, in denen „Boomerang-Angestellte“ das Stigma der Illoyalität trugen. In Zeiten gravierenden Talentmangels nehmen Wiedereinstellungen zu und gelten als ungenutzte Talentquelle für Unternehmen. Unsere Daten deuten darauf hin, dass die Boomerang-Mitarbeiter von heute in der Regel nach etwa einem Jahr zu ihren vorherigen Arbeitgebern zurückkehren, erholt und mit neuen Fähigkeiten ausgestattet – und bereit, ihre Bedingungen neu zu verhandeln. Als wir eine „Wiedereinstellungsrate“ für den Zeitraum zwischen Januar 2019 und April 2022 berechneten,[1] stellten wir fest, dass Boomerang-Mitarbeiter über die letzten dreieinhalb Jahre hinweg konstant etwas mehr als ein Viertel der externen jährlichen Einstellungen von Unternehmen ausmachten. Beispielsweise wurden 29% der neu eingestellten Mitarbeiter – sowohl Voll- als auch Teilzeitkräfte – im Jahr 2020 wieder eingestellt, verglichen mit 27% im Jahr 2021 und 28 %[2] in den ersten vier Monaten des Jahres 2022.
28 % der Neueinstellungen in den ersten Monaten des Jahres 2022 waren Boomerang-Angestellte.
Warum Boomerang-Mitarbeiter überhaupt gegangen sind
Unsere Interviews mit Mitarbeitern, die zu einem früheren Arbeitgeber zurückgekehrt sind, haben die wichtigsten Gründe für ihren erstmaligen Abgang aufgezeigt:
- Lust, etwas „Neues“ zu entdecken
- Fehlende Wachstums- und Lernmöglichkeiten
- Wahrnehmung ungerechter Bezahlung
- Fehlender Karriereweg und Perspektive
- Interesse an einer Tätigkeit in einer anderen Branche.
Der kritische Zeitrahmen für Wiedereinstellungen beträgt 13 Monate
Die durchschnittliche Abwesenheitszeit für Mitarbeiter, die von ihrem vorherigen Arbeitgeber kündigen und zu ihrem vorherigen Arbeitgeber zurückkehren, beträgt 13 Monate, aber es kann bis zu 36 Monate dauern, bis sie wieder eingestellt werden.[3] Die Rückkehrchancen sinken jedoch stark nach 16 Monaten Abwesenheit (siehe Abbildung: Durchschnittliche Abwesenheit in Monaten).
Je länger Mitarbeiter der Organisation fernbleiben, desto geringer sind die Chancen auf eine Rückkehr.
Was bringt Boomerang-Mitarbeiter zurück?
Bei der Entscheidung, zu einem früheren Arbeitgeber zurückzukehren, spielen zwei wesentliche Einflussfaktoren eine Rolle. Erstens bedauern manche Jobwechsler, ihren Arbeitgeber verlassen zu haben. Folgende Gründe haben danach dazu geführt, das neue Arbeitsverhältnis zu überdenken:
- Kein Onboarding/Support beim neuen Arbeitgeber
- Die neue Rolle stimmte nicht mit der während des Interviews gegebenen Beschreibung überein
- Abneigung gegen die Unternehmenskultur und die neuen Kollegen
- Fehlende Work-Life-Balance.
Zweitens neigen Boomerang-Mitarbeiter dazu, Beziehungen zu ihren früheren Managern, Kollegen oder Mentoren aufrechtzuerhalten, und kehren daher normalerweise zu ihren sozialen Verbindungen und einer vertrauten Kultur zurück. Dazu lautete eine typische Stimme: „Die Leute erinnern sich an dich und die Art der Arbeit und die Art von Person, die du bist.“
Unsere Daten zeigten auch, dass mehr Manager als einfache Teammitglieder wieder eingestellt werden.[4] Wie in der Grafik (Abbildung: Managerstatus von Boomerang-Mitarbeitern) dargestellt, begann sich die Kluft zwischen einfachen Teammitgliedern und wieder eingestellten Managern Anfang 2020 – dem ersten Jahr der COVID-19-Pandemie – zu öffnen.
Im Jahr 2021 betrug die annualisierte Wiedereinstellungsrate beispielsweise 37 % für Manager und 26 % für einzelne Mitarbeiter. Von dieser Gruppe von Manager-Boomerangs wurden 40 % von einer früheren Nicht-Führungsposition (bei Rücktritt) in eine Führungsposition befördert. Daher scheinen Karrierewachstum und Beförderungen eine Schlüsselrolle bei Wiedereinstellungsentscheidungen zur Rückkehr zu spielen. Die Aussage eines Boomerang Managers lässt wenig Zweifel daran offen: „Wenn ich in genau dieselbe Rolle zurückkehren würde, die ich verlassen hatte, wäre ich wahrscheinlich nicht zurückgekommen. Also bin zurück in eine Führungsrolle gekommen, mit mehr Spielraum und Verantwortung und der Möglichkeit, eine andere Art von Wirkung zu erzielen und eine andere Art von Arbeit zu leisten. Das hat mich angesprochen.“
Auch hinsichtlich des Gehalts haben unsere Analysen zu Einsichten geführt: Arbeitnehmer, die zu einem früheren Arbeitgeber zurückkehren, verdienen im Durchschnitt 25 % mehr als zum Zeitpunkt ihrer Kündigung. Beispielsweise betrug die Gehaltserhöhung für Wiedereinstellungen im Jahr 2022 bisher 28 %, verglichen mit einer durchschnittlichen Gehaltserhöhung von 4 % in Unternehmen.[5]
„Ich würde mich nicht mit einem Gehalt von weniger als dem zufrieden geben, was ich bei der anderen Firma gemacht habe.“
Wie die folgende Grafik zeigt (Abbildung: Gehaltserhöhung für Boomerangs im Vergleich zu bleibenden Mitarbeitern im Unternehmen), hat sich dieses Muster in den letzten dreieinhalb Jahren konstant gehalten.
Die Existenz dieser erheblichen Gehaltserhöhungen zeigt uns, dass Unternehmen den Wert von Boomerang-Mitarbeitern möglicherweise bereits als potenzielle Lösung für viele der Einschränkungen erkennen, die internen und externen Talentmanagementstrategien innewohnen.
Wiedereinstellungen sind grundsätzlich gute Einstellungen
Die Wiedereinstellung ehemaliger freiwillig ausgeschiedener Mitarbeiter wird nicht mehr als Tabu angesehen, sondern als Vorteil für beide Seiten anerkannt. Wie lautet aber die Handlungsempfehlung für Unternehmen basierend auf unseren neuen Erkenntnissen?
Ausgehend vom momentanen Personalmangel, welcher Einstellungsprozesse beschwert, kann der Einstellungsprozess von Boomerang-Mitarbeitern selbst kostengünstiger sein und auch durchaus gute Resultate erzielen. Akademische Studien zeigen, dass Boomerang Mitarbeiter im Vergleich zu jenen, die im Unternehmen geblieben sind, bessere Leistung und höheres Engagement aufweisen – solange diese Mitarbeiter inzwischen weitere Arbeitserfahrungen gesammelt haben.[6] Unternehmen könnten daher von niedrigeren Rekrutierungskosten, kürzeren Einarbeitungs- und Schulungszeiten und vom neu erworbenen externen Wissen der Mitarbeiter und dem vorhandenen institutionellen Wissen profitieren. Zu berücksichtigen sind allerdings bestehende Gehalts- und Beförderungserwartungen von Boomerang Mitarbeitern: was in der ersten Runde an erhöhtem Verantwortungsbereich oder Gehaltsansprüchen nicht erreicht wurde, scheinen Rückkehrer in der nächsten Runde einzuholen.
Für Boomerang Mitarbeiter kann die Auszeit vom Unternehmen und die Rückkehr zur Arbeit in ein vertrautes Arbeitsumfeld aus mehreren Gründen sehr motivierend sein. Wie ein Boomerang Mitarbeiter sagte: „Ich habe noch immer an das Unternehmen und die Vision geglaubt, und an all die guten Dinge und an die Menschen, die vorher da waren.“ Das ist eine gute Basis für den zweiten Neuanfang.
Basierend auf unserer Analyse des aktuellen Boomerang-Mitarbeitertrends haben wir die folgenden Empfehlungen für Unternehmen abgeleitet, die planen, auf dieser Wiedereinstellungswelle zu reiten:
- Aktivieren Sie Ihr Alumni-Netzwerk in den ersten 12 Monaten des Mitarbeiteraustritts
- Entstigmatisieren Sie Wiedereinstellungen während Einstellungs- und Karrieregesprächen
- Bieten Sie talentierten Bleibenden „Boomerang-ähnliche“ Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten
- Stärken Sie die Fähigkeit von Managern, ihren Mitarbeitern optimale On- und Off-Boarding-Erfahrungen zu ermöglichen
- Fördern Sie starke soziale Netzwerkfähigkeiten bei allen Mitarbeitern.
Zu verstehen, wer das Unternehmen verlassen hat und warum, wie viele Mitarbeiter sich entschieden haben, in welchem Zeitraum zurückzukehren und aus welchem Grund, kann hilfreich sein, wenn die Bindung von Top-Talenten ein Anliegen ist. Die Daten einer Organisation zu den eigenen Boomerang-Trends – oder deren Abwesenheit – können sowohl Aufschluss über die Feinheiten der Entscheidungen ihrer Mitarbeiter geben, wenn es um die Gründe für Kündigungen und Rückkehr geht, als auch über den Lebenszyklus ihrer Mitarbeiter von der Einarbeitung bis zum Ausstieg und der Erfahrung als Alumni.