Group Think, also ein homogenes Gruppendenken wider die eigentlichen Möglichkeiten, liefert suboptimale Teamentscheidungen. Nachfolgend werden Gründe für solche Entscheidungsverwerfungen in Teamsitzungen aufgezeigt und Lösungen angeboten, die die Entscheidungsfindung auch für Führungskräfte verbessern.

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Teamleitungen stehen immer vor der Anforderung, die beste Entscheidung zu treffen. Sofern die beste Entscheidung unter Einbezug der Erfahrung, des Wissens und der Kreativität der Teammitglieder voraussichtlich eher in der Gruppe als durch einen Alleinentscheid gelingt, sollte alles getan werden, um diesen Prozess nicht suboptimal verlaufen zu lassen. Dazu gehört zuvorderst, sich nicht im Fallstrick des Groupthinks (Gruppendenken) zu verheddern. Leadership Insiders erläutert das Phänomen und gibt praktikable Lösungen, wie Führungskräfte in Teamsitzungen die Kraft ihres Teams bestmöglich spielen lassen.

Gruppe und Team

Von einer Gruppe sprechen wir dann, wenn diese mindestens drei Mitglieder umfasst. Dies deshalb, weil typische Gruppenphänomene wie „Mehrheit gegen Minderheit“, „Kohäsion“ oder „Soziales Faulenzen“ in so genannten Zweiergruppen (Dyaden) nicht oder in ganz anderer Dimensionierung von Bedeutung sind. Im Arbeitskontext spricht man gemeinhin von einer Arbeitsgruppe oder eben einem Team, wobei Letzteres mindestens noch die Zusatzbedingungen eines geteilten Teambewusstseins verlangt.

Die in diesem Zusammenhang vielfach gestellte Frage nach der optimalen Gruppengröße ist pauschal nicht eindeutig zu beantworten. Dies hängt von der gestellten Aufgabe, den situativen Bedingungen, den Vorerfahrungen der Gruppenmitglieder, der (geschlechtlichen) Gruppenzusammensetzung und anderen Faktoren ab. In der Literatur wird jedoch oftmals die Fünfergruppe als eine sehr gut funktionierende Einheit für vielfältige Zielsetzungen (besonders für eine Entscheidungsfindung und Problemlösungssuche) angesehen (vgl. Weibler 2016, S. 65ff.). Bei dieser Gruppengröße kann beispielsweise das individuelle Wissen in aller Regel gut eingebracht und mit dem Wissen anderer Gruppenmitglieder koordiniert werden, so dass eine optimale Gruppenleistung zu erwarten ist.

Bei größeren Gruppen entsteht dagegen die Gefahr, dass die Möglichkeit zum Einbringen eigener Beiträge abnimmt, sich die Motivation zur Leistung verringert, der Nutzen der eigenen Beiträge weniger sichtbar wird sowie die Identifikation mit der Gruppe sinkt und damit weniger Verantwortlichkeit erlebt wird.

Groupthink als Resultat einer Gruppendynamik

Wir wissen, dass es eine Fülle von gruppendynamischen Effekten gibt, die das Führungshandeln positiv wie negativ beeinflussen können. Deshalb sollte ein Führender auch in der Lage sein, die Führungsbeziehung zwischen sich und dem Team zu gestalten. Damit dieses aber nicht nur zufällig erfolgt, sind Kenntnisse über Gruppeneffekte notwendig (vgl. dazu kompakt Stürmer/Siem 2013). Da nun wiederum der Arbeitsalltag von Führungskräften permanent aus Entscheidungen besteht und dabei oftmals Teammitglieder durch Teamsitzungen einbezogen werden, stellt sich die Frage, wie dies effektiv geschehen kann. „Effektivität“ bezieht sich hier auf das Finden der besten Entscheidung aus Sicht des Teams.

Zu schön, um wahr zu sein, wäre es, wenn sich zwischen Teamleitung und Teammitgliedern eine Entscheidungsfindung vollzöge, die durch das gleichberechtigte Ringen um das beste Argument gekennzeichnet wäre. Ganz im Gegenteil schleichen sich im Alltag Prozesse ein, die die Chance, wohlüberlegt problemangemessen zu handeln, dramatisch verringern.

Dass es sich mit Blick auf Entscheidungssituationen nicht um eine Zufälligkeit, sondern um einen systematischen Gruppeneffekt handelt, hat als erster Janis (1982) mit seinem Groupthink-Ansatz in zeitlos scharfer Beobachtung aufgezeigt. Es handelt sich um ein Denkmuster, dass – paradox insofern, als wir diese Art von Teams im Arbeitsalltag oftmals anstreben – sich vor allem dann zeigt, wenn die Gruppen recht homogen zusammengesetzt sind. Der österreichische Organisationspsychologe Werner-Auer-Rizzi hat schon vor mehr als zwanzig Jahren (1998) Bedingungen herausgearbeitet, die Entscheidungsverwerfungen leichter provozieren. Dazu zählen:

  • Hohe Kohäsion in der Gruppe
  • Isolation der Gruppe
  • Mangel an Verfahrensnormen
  • Hoher Stress, vor allem durch eine erlebte Bedrohung (Konkurrenz u.a.)
  • (Temporär) geringes Selbstwertgefühl durch vergangene Misserfolge,

aber auch

  • eine zu starke Stellung/Selbstwahrnehmung des Führenden.

Derart aufgestellt, erkennen wir als Beobachter bei solchen Teams Symptome, die den Verdacht von Groupthink nahelegen: Die Gruppe überschätzt sich, hält sich für unverwundbar, auch für moralisch integer, redet gemeinschaftlich ungünstige Entwicklungen schön, denkt in Stereotypen und übt Druck auf abweichende Meinungen aus, beispielsweise indem auf die bereits vergangene Zeit im Entscheidungsprozess hingewiesen wird und eine Entscheidung nun bitte schön auch endlich von den „Zögerlichen“ erwartet wird, die ansonsten für die Folgen verantwortlich gemacht werden könnten.

Typische Entscheidungsdefekte sind dann beispielsweise

  • eine unvollkommene Alternativensuche
  • ein fehlender genauer Abgleich der Lösung mit dem zu erreichenden Ziel
  • eine mangelhafte Risikoüberprüfung oder
  • ein Versäumnis, Vorkehrungen für sich ändernde Bedingungen festzulegen.

10-Punkte-Katalog zur Verringerung der Gefahr von Groupthink (Gruppendenken)

Tritt Groupthink ein, also ein Entscheidungsdefekt, der vornehmlich in schlecht strukturierten Situationen Aufmerksamkeit verdienen sollte, verringert sich die Wahrscheinlichkeit, die der Gruppe mögliche beste Entscheidung zu treffen. Realität in zahllosen Meetings jeden Tag. Einstimmig und zufrieden verlassen die meisten das Treffen, um sich dann nach einiger Zeit zu fragen, eher gefragt zu bekommen, warum „verdammt noch mal“ keiner den „Mist“ hat kommen sehen.

Das Groupthink-Phänomen erklärt also vor allem Entscheidungsdefizite bei schlecht strukturierten Problemen. Dies dürfte auf sehr viele Entscheidungen mit großer Bedeutung zutreffen, z. B. die Sortimentspolitik, die Ansprache des Kunden oder die Definition des relevanten Marktes. Das Problem liegt darin, dass Alternativen, insbesondere, wenn Lösungsvorgaben von den Mächtigen in der Gruppe unterbreitet werden, nur unzureichend hinterfragt werden und die Harmonie in der Gruppe besonders hoch gewertet wird.

Aus diesem Grund stellt sich die Frage, welche Vorkehrungen zu treffen sind, um das unerwünschte Phänomen hinsichtlich seiner Auftretenswahr­scheinlichkeit zu reduzieren.

Hier existiert eine Fülle von hilfreichen, sehr leicht umsetzbaren Vorschlägen, um die Entscheidungsfindung nicht zu belasten. Damit die Vorteile von Teamentscheidungen nicht geradezu in ihr Gegenteil verkehrt werden, wurde folgender 10-Punkte-Katalog von Janis selbst entwickelt, der zahlreiche sinnvolle Vorschläge enthält (nach v. Rosenstiel/Nerdinger 2011, S. 349):

  • Aufklärung über die Gefahr des Gruppendenkens
  • Zurückhaltung der Teamleitung in eigenen Stellungnahmen
  • Ermutigung der Gruppenmitglieder zur Äußerung von Einwänden bei Zweifeln
  • fallweise Übernahme der Rolle des „advocatus diaboli“ durch ein Gruppenmitglied
  • gelegentliche Bildung von Untergruppen zu konkurrierenden Bearbeitung eines wichtigen Teilproblems
  • sorgfältiger Analyse der Möglichkeiten und Absichten eines eventuellen Konkurrenten oder Gegners
  • erneutes Bedenken der (vorläufigen) Einigung auf eine Lösung
  • Einbeziehen externer Beobachter und Kritiker
  • Einholung von Meinungen vertrauenswürdiger Kollegen und Kolleginnen durch Gruppenmitglieder
  • Einsetzen einer parallel am selben Problem arbeitenden Gruppe

Besonders erwähnenswert ist der Verweis auf das Führungsverhalten. Nicht nur, dass er oder sie aufgerufen ist, Vorkehrungen im Sinne des 10-Punkte-Katalogs zu treffen, sondern es ist nachzuweisen, dass die Qualität und Quantität der Vorschläge hinsichtlich einer Problemlösung innerhalb der Gruppe dann steigt, wenn die Teamleiterin bzw. der Teamleiter nicht mit einer favorisierten Alternative in die Diskussion einsteigt. Beachten wir aber: Es geht um schlecht strukturierte Probleme, weshalb ein offener Ideenaustausch notwendig ist, Informationen fehlen oder aber die Akzeptanz bei der Umsetzung erfolgskritisch ist. Liegen diese Bedingungen nicht vor, müssen direktive und „parteiische“ Aussagen des Vorgesetzten bzgl. der Lösung dieses anstehenden Problems nicht notwendigerweise weniger effektiv oder effizienzmindernd sein.

Wissen um Gruppenpsychologie ist essentiell für eine Teamleitung

Beenden wir hiermit unsere Ausführungen mit der Feststellung, dass die Führung von Teams komplexer als die Führung von Einzelpersonen ist: Mehr Akteure, mehr Beziehungen und Wechselwirkungen, eigenständige Teamfaktoren (Teamklima beispielsweise) und vor allem Teamdynamiken.

Des Weiteren ist zu bedenken, dass Personen sich in Gruppen nicht nur als Person in die Führungsbeziehung einbringen, sondern auch in die Gruppe selbst. Neben der sowieso vorhandenen personalen Identität tritt also noch die Gruppenidentität hinzu. Direkte wie indirekte Auswirkungen der Führung sind seitens der Führenden nicht nur auf die jeweilige angesprochene Person, sondern damit auch auf das Gruppengebilde abzuschätzen. Andere sind von vornherein auf die Gruppe bezogen, denken wir an das Team-Empowering, das in einer spezifischen Konkretisierung, den so genannten agilen Teams, zurzeit in vielen Organisationen en vogue ist. Hier gilt es dann umgekehrt zu denken: Was macht das Ganze mit dem Einzelnen im Team?

Auer-Rizzi, W. (1998): Entscheidungsprozesse in Gruppen. Wiesbaden

Rosenstiel, L. v./Nerdinger, F. W. (2011): Grundlagen der Organisationspsychologie: Basiswissen und Anwendungshinweise, 7. A., Stuttgart

Stürmer, S. / Siem, B. (2013): Sozialpsychologie der Gruppe, München u.a.

Weibler, J. (2016): Personalführung, 3. A., München