Vor allem vier Trends sind es, die die Zusammenarbeit gegenwärtig und zukünftig in Organisationen stark prägen und Führungskräfte herausfordern werden. Es handelt sich um einen dramatischen Wissenszuwachs, die Globalisierung, den demografischen Wandel und die Digitalisierung. Die Konsequenzen dieser Trends werden häufig unter dem Akronym VUKA zusammengefasst. Dabei steht V für Volatilität, U für Unsicherheit, K für Komplexität und A für Ambiguität. Viele Organisationen, die der Dynamik der VUKA-Welt ausgesetzt sind, beginnen ihre Arbeits- und Führungsstrukturen anders als bisher zu gestalten. Wenn sich die Anforderungen und die Rahmenbedingungen der Arbeit von Führungskräften verändern, so sollte sich auch die Führungskräfteentwicklung entsprechend anpassen, so dass Führungskräfte optimal für ihren zukünftigen Arbeitsalltag ausgebildet sind.

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Vor allem vier Trends sind es, die die Zusammenarbeit gegenwärtig und zukünftig in Organisationen stark prägen und Führungskräfte herausfordern werden. Es handelt sich um einen dramatischen Wissenszuwachs, die Globalisierung, den demografischen Wandel und die Digitalisierung (siehe Schermuly 2019):

Immer schneller und ungesteuerter werden Bücher, Studien, Artikel, aber auch Blogeinträge und Internetpublikationen produziert. Das Wissenswachstum verläuft exponentiell und so wird es für Führungskräfte schwieriger, zuverlässiges und valides Wissen vor Entscheidungen adäquat zu filtern.

Der demografische Wandel führt mit dem Renteneintritt der Babyboomerjahrgänge zu einer geringeren Anzahl an Arbeitnehmern und einem Fachkräftemangel. Zusätzlich treten im Zuge des demografischen Wandels neue Generationen in die Unternehmen ein und bringen ein verändertes Wertesystem und neue Ansprüche zum Thema Führung mit.

Die Globalisierung hat zu international hochvernetzten Märkten und Organisationssystemen geführt. Diese können durch schwer vorhersagbare politische und volkswirtschaftliche Krisen leicht gestört werden. Gleichzeitig führt die Globalisierung mit ihrer Arbeitnehmermobilität zu kulturell heterogeneren Belegschaften.

Letztlich wirkt sich die Digitalisierung auf die Arbeit von Führungskräften mit fünf Untertrends aus: Social Media, Cloud Computing, Big Data, Mobile Devices und künstliche Intelligenz. Diese Trends führen dazu, dass Unternehmen und Produkte starkem Evaluationsdruck im Internet ausgesetzt sind, Mitarbeitende aus technischer Sicht selbstbestimmt ihren Arbeitsort wählen können und viele Berufe sich verändern. Vor allem die Sachbearbeiter, also Menschen die bisher einfache, kognitiv geprägte Berufe ausgeführt haben, werden zunehmend durch künstliche Intelligenzen ersetzt (Schermuly 2019).

Die Konsequenzen dieser Trends werden häufig unter dem Akronym VUKA zusammengefasst.  Dabei steht V für Volatilität, U für Unsicherheit, K für Komplexität und A für Ambiguität. Viele Organisationen, die der Dynamik der VUKA-Welt ausgesetzt sind, beginnen ihre Arbeits- und Führungsstrukturen anders als bisher zu gestalten. Wenn sich die Anforderungen und die Rahmenbedingungen der Arbeit von Führungskräften verändern, so sollte sich auch die Führungskräfteentwicklung entsprechend anpassen, so dass Führungskräfte optimal für ihren zukünftigen Arbeitsalltag ausgebildet sind.

Wir konzentrieren uns in unserer Analyse auf das Führungskräftetraining, weil es derzeit noch das am häufigsten eingesetzte Personalentwicklungsinstrument für Führungskräfte ist. Verschiedene Meta-Analysen zeigen (z. B. Lacerenza u. a. 2017), dass Führungskräftetrainings mittelstarke Effekte auf verschiedene Variablen wie z. B. die Zufriedenheit, das Wissen, das Verhalten und die Organisationsleistung haben. In unserem Beitrag stellen wir vier Thesen auf, wie die vier vorgestellten Trends und die daraus resultierende VUKA-Welt die Entwicklung von Führungskräften in Trainings verändern wird.

These 1: Neue Formate reduzieren die Präsenztage

Das klassische Führungskräftetraining fand in der Vergangenheit über mehrere Tage in einem Hotel statt. Neben verhaltensnahen Übungen wie Rollenspielen wurde Wissensvermittlung betrieben. Die Unternehmen mussten Ausgaben für Trainer, Hotel und Anreise bezahlen und zusätzlich fielen Kosten an, weil die Führungskräfte für mehrere Tage nicht am Arbeitsplatz erscheinen konnten.

Laut einer Kienbaumstudie werden Präsenztage nicht verschwinden, aber in Ihrer Bedeutung abnehmen und zunehmend unter einen Rechtfertigungsdruck geraten (Kienbaum 2017). Von den Einkäufern wird immer häufiger abgewogen werden, welchen Mehrwert ein Präsenztag gegenüber virtuellen Formaten besitzt. Dadurch wird mittelfristig die Anzahl an Präsenztagen verringert werden. Vor allem die Wissensvermittlung wird dem Training vorgelagert. Über Online-Plattformen erarbeiten sich die Teilnehmenden Wissensnuggets im Selbststudium. Im Training kann sich dann auf die Einübung von Verhalten und die Interaktion (z. B. durch kollegiale Beratung) konzentriert werden.

„Während des Seminars wäre der Trainer dann eher Coach, der viel individueller auf die Fragen und Herausforderungen der Teilnehmer eingehen könnte,“

sagt Hartmut Jönk, Vorstand der Integrata AG im Zukunftstalk Weiterbildung 2018. Laut der Kienbaumstudie werden die Präsenztrainings weiterhin durch Workshops, Einzelcoachings (online und face-to-face) und Action Learning erweitert.

Beim Action Learning beispielsweise werden Führungskräfte direkt am Arbeitsplatz geschult. Z. B. erhält eine Führungskraft, die lernen möchte, wie man gutes Feedback gibt, direkt nach einem Feedbackgespräch eine Rückmeldung von ihrem Trainer und kann diese Aspekte direkt in das nächste Gespräch einbauen. Das Präsenztraining wird somit nicht verschwinden. Es wird aber eine Methode von vielen. Die Führungskräfte werden aus verschiedenen Perspektiven und mit unterschiedlichen Methoden ausgebildet werden.

These 2: „The Rise of the personal learning cloud“

Mihnea Moldoveanu und Das Narayandas, Professoren an der Universität Toronto und in Harvard, gehen in ihrem Artikel für den Harvard Business Review (2019) noch einen Schritt weiter und sagen den Aufstieg der Personal Learning Cloud (PLC) vorher. PLCs bestehen aus sogenannten MOOCs (massive open online courses) und werden mit Plattformen kombiniert, in denen online interaktiv gearbeitet werden kann.

Die PLCs sind laut der Autoren durch vier Aspekte charakterisiert.

  • Das Lernen ist personalisiert. Die Führungskräfte können individuell ihre Inhalte, die Schwierigkeit und die Lerngeschwindigkeit bestimmen.
  • PLC sind weiterhin sozial. Es gibt Möglichkeiten zum Austausch zwischen den Lernenden (z. B. durch gemeinsame Fallbearbeitungen oder kollegiale Beratungen).
  • Das Lernen ist drittens kontextualisiert. Es findet am Arbeitsplatz und damit in dem Kontext statt, in dem es später auch angewendet werden muss.
  • Viertens können die Lernaktivtäten kontrolliert und transparent gemacht werden. Langfristig können in die PLCs künstliche Intelligenzen integriert werden, die die Führungskräfte bei ihren Lernreisen begleiten. Die künstliche Intelligenzen können z. B. langfristig die Aufmerksamkeit und Müdigkeit der Teilnehmer wahrnehmen und entsprechend reagieren.

These 3: Die Führungskräfte bekommen mehr Verantwortung für ihre Entwicklung

Egal ob in einem Mix aus Präsenz- und vorgelagerten Onlinetrainings oder komplett in der PLC, Führungskräfte erhalten in der Zukunft mehr Verantwortung für ihre persönliche Weiterentwicklung. In einer Welt des dramatischen Wissenszuwachses, in der sich Berufe dynamisch und schnell verändern, kann die Personalabteilung nicht die Entwicklung aller Führungskräfte zentral steuern. Die Personalabteilung kann bereichsübergreifende Basiskompetenzen identifizieren und Angebote für diese machen.

Führungskräfte werden in der Zukunft darüber hinaus selbst ihre berufliche Umgebung und die dafür notwendigen Kompetenzen kritisch prüfen und daraus Entwicklungsmaßnahmen ableiten müssen. Sie versorgen Trainer mit Informationen über ihre veränderte berufliche Realität, so dass diese spezialisierte Trainings entwickeln können. Der Personalabteilung kommt die Aufgabe zu, den Austausch bezüglich der Lerninhalte zwischen Führungskraft und Trainer bzw. PLC zu moderieren. Gleichzeitig sind Führungskräfte in der Zukunft gefordert, kontinuierlich zu lernen. Um an einem Präsenztraining teilnehmen zu dürfen, müssen sie sich die dafür notwendigen Wissenselemente online angeeignet haben. Hausaufgaben, die den Lerntransfer begleiten, werden nach dem Training die lernende Führungskraft begleiten.

Nur präsent in einem Präsenztraining zu sein, reicht in der Zukunft nicht mehr. Führungskräfte müssen nicht nur während des Präsenztrainings, sondern auch davor und danach Verantwortung für ihr Lernen und die Lerninhalte übernehmen.

These 4: Große und spezialisierte Anbieter mit internationaler Ausrichtung verdrängen den Einzelkämpfer

Die letzte These bezieht sich auf den Markt für Führungskräfteentwicklung. Spezialisierte und vielfältige Trainings, digitale Inhalte, PLCs, Coachings und Action Learning sind sowohl vorbereitungs- als auch durchführungs- und nachbereitungsintensiv für die Führungskräfteentwickler. Um die Kompetenzen zu identifizieren, die für die Führungskräfteentwicklung notwendig sind, müssen zusammen mit den Führungskräften aufwendige Personen-, Aufgaben- und Organisationsanalysen durchgeführt werden. Und diese Analysen müssen auf die Zukunft ausgerichtet sein: In welche Richtung bewegen sich das Unternehmen, seine Kunden und Märkte in den nächsten fünf Jahren? Welche Aufgaben haben die Führungskräfte und welche Kompetenzen sind dafür nötig?

Digitale Inhalte wie Wissensnuggets, Videos oder auch Quizze müssen vorproduziert und in den vielen internationalen Unternehmen mehrsprachig ausgerichtet werden. Der komplexen und spezialisierten Arbeitsrealität der Führungskräfte, wird durch eine komplexe und spezialisierte Führungskräfteentwicklung begegnet.

In der Vergangenheit konnte ein selbständiger Trainer ein mehrtägiges und national ausgerichtetes Präsenztraining anbieten und alleine steuern, weil dieses aus vielen Wissenselementen bestand, die aus anderen Trainings übernommen werden konnten. Wir gehen davon aus, dass diese Anbieter zukünftig mit starken Umsatzeinbußen zu kämpfen haben werden. In der Kienbaumstudie werden Anbieter für die Zukunft präferiert, die spezialisiert und international ausgerichtet sind. Interessanterweise wird auch den Hochschulen (Business-Schools) als Entwickler von Führungskräften eine verstärkte Bedeutung zugewiesen. Auch hier finden sich eine breite und gleichzeitige spezialisierte Expertise für Trainings und Softwareentwickling sowie ausreichende Ressourcen und die Internationalität, um die Trainingsherausforderungen der Zukunft zu bewältigen.

Fazit

Durch Wissenszuwachs, demografischen Wandel, Globalisierung und Digitalisierung wird die Zukunft der Führung komplex. In der VUKA-Welt wird der Umgang mit Komplexität und Veränderungen zu einer besonders wichtigen Kompetenz für Führungskräfte. Führungskräfte müssen erlernen, unter Unsicherheit und in widersprüchlichen Situationen Entscheidungen zu treffen. Auch müssen sie sich selbst und ihre Teams durch dynamisch verändernde Situationen führen.

Diese Komplexität und Dynamik von Führung muss durch Komplexität in der Führungskräfteentwicklung gespiegelt werden. Wir gehen davon aus, dass neue Kompetenzen wie z. B. der Umgang mit Veränderungen trainiert werden müssen und die methodische Vielfalt zulasten von klassischen Präsenztagen zunimmt. Führungskräfte werden zu aktiven Treibern ihrer Entwicklung und bekommen mehr Verantwortung für diese.

Deswegen sollten Führungskräfte auch darin ausgebildet werden, wie sie erkennen können, in welchem Bereich sie Defizite haben.

In Trainings, Coachings oder durch eine künstliche Intelligenz sollten Führungskräfte dazu angeregt werden, über unter anderem folgende übergeordnete Fragen zu reflektieren: Wie verändern sich unsere Märkte und Produkte in den nächsten fünf Jahren? Wie muss sich mein Team verändern, um in fünf Jahren in diesem Umfeld erfolgreich zu sein? Wie verändert sich unsere Zusammenarbeit? Welche fachlichen, methodischen, sozialen und personalen Kompetenzen brauche ich als Führungskraft, um diesen Prozess begleiten zu können?

In der letzten These sind wir davon ausgegangen, dass auch selbständige Trainer ihr berufliches Handeln anpassen müssen, um sich langfristig am Markt zu behaupten: Sie müssen sich vermehrt zu Netzwerken zusammenschließen, um in einem Kollektiv, die geforderte Produkt- und Themenvielfalt gewährleisten zu können.

Kienbaum (2017). Future management development Studie 2017. Verfügbar unter https://www.kienbaum.com/de/publikationen/future-management-development-studie-2017/ [3. 04. 2023]

Lacerenza, C. N., Reyes, D. L., Marlow, S. L., Joseph, D. L., & Salas, E. (2017). Leadership training design, delivery, and implementation: A meta-analysis. Journal of Applied Psychology, 102, 1686-1718.

Moldoveanu, M. & Narayandas, D. (2019). The future of leadership development.Harvard Business Review, 3-4/19, 40-48.

Schermuly, C. C. (2019). New Work – Gute Arbeit gestalten: Psychologisches Empowerment von Mitarbeitern (2. Aufl.).Freiburg: Haufe.

Zukunftstalk Weiterbildung 2018 (2018). Verfügbar unter https://www.haufe.de/personal/hr-management/zukunftstalk-weiterbildung-2018/kuenftige-entwicklung-von-offenen-seminaren_80_444292.html [1.08. 2019]