Die Wahl des effektiven Führungsstils beschäftigt intensiv die Führungsforschung und vor allem die Führungspraxis. Eine Antwort ist schwieriger, als man zunächst vermuten würde. Es fängt bereits bei der Frage an, worauf denn „effektiv“ bezogen werden soll: auf den kurzfristigen Teamerfolg, gemessen beispielsweise an der Anzahl generierter kreativer Ideen für die Produktentwicklung im letzten Monat, an der korrekten und termingerechten Ausführung einer Weisung, am Verhältnis der eingesetzten Ressourcen zur Qualität der Zielerreichung, an der Nachhaltigkeit der Wirkung oder an einer Generalisierbarkeit über möglichst verschiedene Führungssituation hinweg. Eines ist jedoch klar: wer eine Wahl haben möchte, muss wissen, zwischen was er wählen kann. Und da das Gewählte auch umzusetzen ist, sollte er sich fragen, ob ihm diese Umsetzung authentisch gelingen könnte. Bei der nachfolgend vorgestellten instrumentellen Führung sind die Anforderungen dafür vergleichsweise gut zu erfüllen.
Leadership Insiders: Führungsstile sind zugegebenermaßen ein Thema, mit dem sich Führungspraktiker beschäftigen. Die Führungsforschung hat hierzu eine Fülle von Angeboten unterbreitet: Aufgabenorientierte Führung, mitarbeiterorientierte Führung, transformationale Führung oder situative Führung sind neben anderen recht bekannt geworden. Nun stößt die instrumentelle Führung dazu. Diese haben Sie für den deutschsprachigen Bereich fortentwickelt. Was meint „instrumentell“ überhaupt und worum geht es genau?
Jens Rowold: Nun, der Ursprungsgedanke beim „Instrumentellen“ ist Nützlichkeit, hier konkret bezogen auf ein genau beschriebenes Führungsverhalten. Im Kern geht es um die Frage, wie Führungskräfte im Tagesgeschäft erfolgreich führen können. Es geht ausdrücklich nicht um den großen visionären Wurf oder um eine kunstvolle Motivation.
Die instrumentelle Führung repräsentiert vielmehr den strategischen Aspekt des alltäglichen Führungsgeschehens sowie die Ermöglichung idealer Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden.
Der Anspruch ist, die Leistungsbilanz des Teams oder der Abteilung zu verbessern. Aber auch die Zufriedenheit bei den Mitarbeitenden soll dadurch erhöht werden.
Leadership Insiders: Was die Erfolgsgrößen angeht, reiht sie sich in die Tradition klassischer Führungsstilansätze ein. Die Kombination des Zugriffs ist da schon spezieller. Was verstehen Sie denn genau unter den beiden Komponenten der instrumentellen Führung, nämlich der strategischen Führung zum einen wie der Ermöglichung idealer Arbeitsbedingungen zum anderen?
Jens Rowold: Die strategische Führung unterscheidet zwischen der Umweltbeobachtung und der Strategieformulierung wie Strategieimplementation. Bei der Umfeldbeobachtung kommt es darauf an, interne wie externe Entwicklungen im Blick zu behalten und deren Chancen und Risiken für den eigenen Arbeitsbereich zu beurteilen. Typische Fragen sind, „Wie entwickeln sich die Märkte“, „Welche neuen Produkte laufen bei den Kunden besonders gut“, „Wie zukunftsträchtig sind die Systeme, die wir nutzen“, „Sind unsere Arbeitsbedingungen noch wettbewerbsfähig“ usw. Bei der im eigentlichen Sinne strategischen Ausrichtung kommt es darauf an, ähnlich im Übrigen wie beim strategischen Personalmanagement, zu verdeutlichen, was konkret aus den Bereichsstrategien meines Arbeitsbereichs für die Zielformulierung meines Teams folgt. Dies betrifft nicht nur die Benennung der Ziele selbst, sondern auch deren Gewichtung und Konkretisierung während der Kommunikation mit Mitarbeitern. Zum Beispiel sollte jedem Mitarbeiter klar gemacht werden, welche Ziele für ihn aus der Strategie abgeleitet wurden. Im Idealfall werden explizit Verbindungen zwischen diesen personenspezifischen Zielen einerseits und der Vision und Mission andererseits erklärt.
Leadership Insiders: Und was meinen Sie mit der“ Ermöglichung idealer Arbeitsbedingungen“?
Jens Rowold: Auch hier kennt die instrumentelle Führung zwei Ausdifferenzierungen. Einerseits geht es um die Weg-Ziel-Unterstützung des Mitarbeiters und andererseits um das Monitoring der Arbeitsleistung. Die Weg-Ziel-Unterstützung spricht die führerseitige Hilfestellung bei der Lösung alltäglicher Probleme der Mitarbeiterin an. Zu denken ist beispielsweise an das Abräumen von Hindernissen, der Zuführung weiterer Ressourcen oder der Verdeutlichung des Weges, wie die ins Auge gefasste Zielsetzung besser erreicht werden kann. Es ist, wie es der Name schon ausdrückt. Die Führungskraft konzentriert sich auf eine Erleichterung des Weges, damit die Ziele schneller und besser erreicht werden können. Mit dem Monitoring der Arbeitsleistung ist vor allen Dingen gemeint, den Mitarbeitenden zeitnah und sehr konkretes Feedback über den bislang erreichten Stand zu geben, gegebenenfalls auf mögliche Fehler hinzuweisen. Das Besondere dabei ist, dass diese Rückmeldung während der Arbeit an der Aufgabe erfolgt und nicht erst dann, wenn die Aufgabe als erledigt angesehen wird oder sogar – noch ineffektiver – einige Monate später im jährlichen Mitarbeitergespräch.
Leadership Insiders: Hätten Sie ein griffiges Beispiel?
Jens Rowold: Für seinen Außendienstmitarbeiter, der beim Kunden neue Drucker einrichtet, kann beispielsweise seine Führungskraft telefonisch erreichbar sein. Nichts ist ärgerlicher, als wenn der Drucker nicht funktioniert, wenn der Außendienstmitarbeiter wieder abgezogen ist. Hier ginge es also darum, dass die Führungskraft während der Installation erreichbar ist und aufgrund ihrer hoffentlich größeren Erfahrung auftretende Probleme via Bildzuschaltung direkt beheben kann.
Leadership Insiders: Die theoretische Konzeption eines Führungsstils ist das Eine. Das Andere ist seine Bewährung in der Führungspraxis. Gibt es inzwischen empirische Studien, die Sie hoffnungsfroh stimmen, dass von der instrumentellen Führung auch eine Wirkung ausgeht? Und dabei habe ich am Ende eine Antwort Ihrerseits im Sinn, die eine Wirkung beschreibt, die spezifisch der instrumentellen Führung zugeordnet werden kann. Wir sollten ja nicht vergessen, dass diese Art der Führung mit anderen Führungsstilen konkurriert.
Jens Rowold: Es gibt Studien aus der Schweiz und Deutschland, die eine positive, für die instrumentelle Führung spezifische Wirkung belegen. So wirkt sich die instrumentelle Führung positiv auf die Arbeitszufriedenheit der geführten Mitarbeiter aus, auch wenn man in den Analysen andere bisher untersuchte Führungsstile wie beispielsweise die transformationale Führung berücksichtigt. In einem deutschen Industrieunternehmen konnte zudem gezeigt werden, dass die instrumentelle Führung auf der einen Seite positiv mit der objektiven Leistung der Geführten und auf der anderen Seite mit ihrem emotionalen Commitment zusammenhängt. Diese emotionale Bindung ist sozusagen der Klebstoff zwischen dem Mitarbeiter und der Firma, die determiniert, ob der Mitarbeiter in der Firma bleiben will und bereits ist, viel zu leisten, Überstunden zu machen und einiges mehr.
Leadership Insiders: Was würde den meisten Führungskräften ein Führungsstil nutzen, der zwar einen hohen Wirkungsgrad verspricht, aber kaum erlernt werden kann. Welche Erfahrungen haben Sie mit der Erlernbarkeit dieses Führungsstils gemacht? Was sind dabei wesentliche Bedingungen, die einen Lernerfolg ausmachen?
Jens Rowold: Ich führe seit Jahren Führungskräftetrainings durch. Dabei interessiere ich mich auch für den Erfolg meiner Trainings. Dies ist gar nicht so selbstverständlich, wie man meint, denn das Führungs-Controlling wird von kaum einem Unternehmen systematisch durchgeführt.
Hinsichtlich der instrumentellen Führung zeigen meine Studien, dass diese z.B. im Rahmen eines 1- oder 2tägigen Trainings erlernt oder verbessert werden kann.
Dies konnte mein Lehrstuhlteam im Rahmen von Projekten mit Top-Managern wie mit mittleren Managern bestätigen. Außerdem unterstützt ein Training in instrumenteller Führung bei der Einführung und Umsetzung von Veränderungsprozessen. Die Befunde sind also vielversprechend. Aber die wichtigste Erfahrung neben den Daten, die ich erhoben habe, ist ganz simpel: Wer bereits vor dem Training und vor allem nach dem Training willens ist, sich in seiner Führung zu verbessern und vor allem auch dabei bei sich selbst anfängt, dem oder der kann viel, sehr viel gelingen.
Leadership Insiders: Sie plädieren also für eine Kombination. Davon bin ich ausgegangen. Nun stellt sich aber das Problem, je mehr Stilflexibilität von einer Führungskraft verlangt wird, desto mehr kann diese empfohlene Flexibilität an der Rigidität des eigenen Verhaltens scheitern. Ich verweise mit gleicher Zielrichtung auf die situative Führung. Sie wird in der Praxis, spreche ich sie an, von Vorgesetzten leicht mit einem zustimmenden Kopfnicken quittiert. Frage ich jedoch die Mitarbeiter, ob es ihrem oder ihrer Vorgesetzten auch gelingt, differenziert Personen anzusprechen oder sich, wie heißt es so schön, kontextsensitiv zu verhalten, dann schütteln sie ebenso leicht den Kopf. Also: Wie flexibel sind Führende bei der Wahl ihres Führungsstils, was über kurz oder lang auch die Frage nach der Veränderbarkeit einer Persönlichkeit aufwirft?
Jens Rowold: Auch meine Erfahrung ist es, dass Führungskräfte nicht immer das gegenüber ihren Mitarbeitern anwenden, was sie wissen. Dazu braucht es Zeit und regelmäßige Personalentwicklung. die auch Zeit für Selbstreflexion und Feedback durch und Austausch mit Kollegen beinhalten sollte. Studien zeigen, dass eine Personalentwicklung mit Feedbackinstrumenten besonders gut funktioniert, wenn diesbezügliche Maßnahmen regelmäßig (z.B. 1-2 mal pro Jahr) durchgeführt werden. Außerdem zeigen andere Studien, dass sich die Investition in regelmäßige Personalentwicklung von Führungskräften auch monetär lohnt: Für jeden Euro, den ein Unternehmen in wie hier die Verbesserung von Führungsstilen ihrer Manager investiert, bekommt sie bis zu zwei Euro zurück. Es ist in vielen Firmen daher ein Umdenken nötig. Meine Botschaft ist sehr eindeutig:
Es ist keine Schwäche, wenn eine Führungskraft regelmäßig durch fundierte Trainings an sich arbeitet, sondern es entspricht vielmehr einem sinnvollen und effektiven Trainingslager.
Leadership Insiders: Mehr Zuversicht bekommen wir heute nicht mehr vermittelt. Ich danke Ihnen.