Dieser Beitrag ist Teil der Serie New Work

Andere Beiträge in dieser Serie:

  1. Glücksempfinden durch Arbeit – Maxime herausragender Führung
  2. Hierarchie contra Innovation? Wege zu einem „New Work“
  3. Über New Work und gesunden Menschenverstand – Experimentierfreude in einem „Unternehmen der Zukunft“
  4. Work-Life-Blending – Was heißt das und was bedeutet es?
  5. Das Team der Teams
Anson0618/Shutterstock

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Die neue Arbeitswelt hat viele Gesichter. Leadership Insiders stellt ein Unternehmen der nächsten Generation vor, das sich vor einigen Jahren von seiner Managerriege komplett verabschiedet hat. Seitdem ist es wieder erfolgreich. 2017 war es Preisträger des New Work XING Award.

New Work in Progress

In einem unserer letzten Beiträge habe ich das Grundproblem jeder Organisation aufgezeigt, nämlich innere Stabilität zu besitzen und dennoch befähigt zu sein, sich auf wandelnde Umfeldanforderungen stets antizipativ, flexibel und innovativ zu reagieren. Insbesondere habe ich die New Work-Debatte angeführt, um Geschäftsführungen und anderen verantwortlichen Führungskräften ein zunehmend diskutiertes Prüfmaß an die Hand zu geben, um bisher gefundene eigene Lösungen kritisch zu hinterfragen.

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  5. Das Team der Teams

Heute möchte ich den Blick konkret auf ein österreichisches Technologieunternehmen lenken, das mit dem New Work-Gedanken ernst macht. Dies soll natürlich keineswegs als ein Plädoyer für einen one-best-way der Organisationsgestaltung verstanden werden, denn den gibt es nicht. Vielmehr soll verdeutlicht werden, was anderenorts unternommen wird, um den vielfältigen und sich künftig noch verschärfenden Veränderungen unserer Arbeitswelt mit Anspruch auf Zukunftsfähigkeit zu begegnen.

Die Kurzgeschichte von Tele Haase (TELE)

Die Gründung der Handelsgesellschaft „Haase“ im Jahre 1963 legte das Fundament für die heutige „Tele Haase“. Das mittelständische Familienunternehmen ist österreichischer Marktführer für Zeit- und Überwachungsrelais. Des Weiteren ist es Entwickler von Komponenten für den Netz- und Anlagenschutz sowie der Leistungselektronik, zunehmend spezialisiert auf kundenspezifische Lösungen. In Wasserwerken, Trafostationen, Industrie-Anlagen und bei der Erzeugung erneuerbarer Energien finden sich die Produkte. Das Unternehmen hat seinen Produktionsstandort in Wien, arbeitet mit über 60 Handelspartnern auf allen Kontinenten zusammen und besitzt Niederlassungen in Deutschland und Großbritannien.

Nach vielen turbulenten Jahren, die Tele Haase nahe an den Rand der Überlebensfähigkeit brachten, wurde in Abstimmung mit der Inhaberfamilie und dem neuen Geschäftsführer, Markus Stelzmann, ein fundamentaler Wandel vollzogen, der 2012 in den Grundzügen einen vorläufigen Abschluss fand, dessen Ausläufer aber bis heute fortwirken.

Aus Führungssicht ist dabei wohl am bemerkenswertesten, dass im Rahmen einer neuen Organisationsform als erstes die komplette Managerriege abgeschafft wurde, um einen fundamentalen strukturellen wie kulturellen Neuanfang zu wagen. Ob deshalb oder trotz dessen: Seither arbeitet TELE jedenfalls wieder finanziell erfolgreich und baut seine Schuldenlast ab.

Das Unternehmen sieht sich selbst als „Unternehmen der Zukunft“ und begreift sich als einen lebendigen Organismus mit rege kommunizierenden Zellen. Leitformel dabei ist:

„Innovation + Nachhaltigkeit = Profitabilität.“

Der nach außen getragene Slogan lautet: „Your Smart Factory“. TELE hat 2017 beim New Work XING Award in der Kategorie „etablierte Unternehmen“ den 3. Platz belegt. Auf der Tele-Website (2017) klingt dies gleich zum Einstieg so:

TELE ist solider Überwachungsspezialist und verrücktes Innovationslabor. Mit viel technischem Know-how und Menschen, die Spaß an ihrer Arbeit haben. TELE verknüpft Technologien. Kooperiert mit anderen. Frei von klassischen Hierarchien. Dafür mit viel Freiraum für eigenverantwortliches Engagement und außergewöhnliche Ideen. TELE entwickelt und produziert Lösungen für eine bessere Welt.

„Unternehmen der Zukunft“

TELE ist nur eines einer Reihe von Unternehmen, die aus unterschiedlicher Motivlage heraus neue Formen des Arbeitens praktizieren. Diese neuen Formen des Arbeitens betreffen die Machtstrukturen, die Art und Weise der täglichen Zusammenarbeit, aber auch den Einbezug gesellschaftlicher Belange in die Organisation. Die Beweggründe sind in der Regel ökonomischer, aber eben auch sozialer und/oder ökologischer Natur. Im Inneren führt dies zu folgenden Ausprägungen der Organisation (vgl. auch Reiniger/Stelzmann 2017, S. 398 sowie die Selbstauskunft auf der TELE Website 2017):

Organisationsform: Kreise statt Hierarchien

Anstelle von festen hierarchischen Strukturen wurden Kreise mit flexiblen Teams geschaffen. Kreise formieren sich um Aufgaben, die prozesshaft gedacht werden, sind untereinander dabei nicht hierarchisch geordnet, sondern stehen nebeneinander.

Kreise repräsentieren Prozesse. Prozesse bilden die operativen Aufgaben ab. Drei Hauptprozesse (Production, Innovation, Sales) werden von acht Unterstützungsprozessen (Regie, Finanzen, HR, Marketing, Qualitätsmanagement, Office-Management, Purchasing/Logistics, Informationstechnologie) begleitet. Prozesse und deren Teilprozesse sind die operative Umsetzung von Entscheidungen, die in den Gremien eigenverantwortlich getroffen werden (z.B.: Was wird wann wo wie für wen womit und von wem mit wem produziert?).

Die Kreisbesetzung richtet sich nach den besonderen Fähigkeiten, Erfahrungen oder Leidenschaften, die eine Person hinsichtlich der jeweiligen Themen und Aufgaben besitzt. So sollen individuelle Stärken genutzt und gefördert werden. Insgesamt werden damit die benötigten Rollen besetzt, deren Gesamtheit die Aufgabenbewältigung ermöglichen muss. Kreiswechsel sind Beschäftigten prinzipiell möglich.

Entscheidungen werden demnach gemäß der Kreisbildungsidee dort getroffen, wo das meiste Wissen und die größte Umsetzungskraft vorhanden sind. Kreise organisieren und steuern sich unter Beachtung von Leitlinien selbst. Kommuniziert wird nach festgelegten Regeln, was flexible Zusatzkommunikation nicht ausschließt.

Verantwortlich: Alle

Jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin ist für die Umsetzung ihrer Aufgaben alleinverantwortlich. Sie können an verschiedenen Prozessen gleichzeitig beteiligt sein, dabei jeweils unterschiedliche Rollen einnehmen. Zusätzlich zu ihrem Hauptjob können sie sich als Verantwortliche für übergeordnete Angelegenheiten befristet wählen lassen (z.B. die Übernahme einer temporären Prozessverantwortung eines Kreises, für die Weisungsbefugnis in Kreisangelegenheiten besteht).

Strategisch verantwortlich: Autonome Gremien

Alle strategischen Entscheidungen werden in sechs vernetzt agierende Gremien getroffen (Geschäftsplan, Projekte, Organisation, Qualitätssicherung, Sales, Umwelt/Ökologische Nachhaltigkeit). Diese sind aufgefordert, Bereichs- wie Unternehmensbezüge im Blick zu behalten.

Innerhalb der Gremien wird nach klaren Prinzipien und Spielregeln selbstverantwortlich entschieden. Es gilt die Mehrheitsregel. Jede getroffene Entscheidung kann nur von dem jeweiligen Gremium aus revidiert werden. Jedes Gremium ist zudem alleinverantwortlich für die Koordination in seinem Kompetenzbereich einschließlich der Entscheidungen zu damit verbundenen Sachthemen und deren Kommunikation im (Intranet des) Unternehmen(s).

Die Gremien werden von Mitarbeitenden besetzt, die in den Prozessen tätig sind. In bestimmten Gremien (zum Beispiel Geschäftsplan) muss mindestens ein Mitarbeitender aus jedem Prozess vertreten sein. Dann gibt es Gremien, beispielsweise das Gremium „Projekte“, wo nur diejenigen vertreten sind, die die Sachlage unmittelbar betrifft oder die Interesse an einer Lösungsfindung haben. Projekte können im Übrigen von jedem Mitarbeitenden vorgeschlagen werden und nach Autorisierung durch ein Gremium auch von ihm oder ihr geleitet werden.

Themen, die noch nicht entschieden werden können, werden in Arbeitsgruppen weiterverfolgt. Die Größe der Arbeitsgruppe bestimmt der für diese Fragestellung bestimmte AG-Verantwortliche. Offene AGs existieren je nach Sachlage auch. Eine erzielte Problemlösung wird in das Gremium zurückgespielt. Prozessübergreifende Jour Fixe zur problembezogenen Kommunikation können eigeninitiativ festgelegt werden. Sämtliche AGs und Jour fixe sind im InfoNet inkl. Ergebnisprotokolle einsehbar.

Der Gremienverantwortliche wird für ein Jahr gewählt und kann wiedergewählt werden. Seine Funktion liegt unter anderem in der Koordination, Moderation und Kontrolle der vereinbarten Ziele und Aufgaben. Entscheidungen, die nicht-operativer Natur sind, werden demokratisch getroffen. Der Gremienverantwortliche für einen Prozess kann in einem anderen Prozess einfaches Gremiumsmitglied sein. Die Mitarbeit in einem Gremium ist freigestellt, die nur gelegentliche Teilnahme an der Gremienarbeit ist für alle möglich. Jeder Mitarbeitende ist für seine Aufgabe selbstverantwortlich, unabhängig davon, ob er in einem Gremium mitarbeitet oder nicht. Oftmals sind Mitarbeitende in verschiedenen Prozessen mit unterschiedlichen Arbeitsanteilen parallel tätig.

Regisseur (Geschäftsführung): Impresario mit Vetorecht

Die Aufgabe des Regisseurs, der nach außen aus rechtlichen Gründen als Geschäftsführer firmiert, ist es, neue Ideen anzustoßen, neue Wege aufzuzeigen und darauf zu achten, dass keine Rückschritte eintreten oder der fortwährende Entwicklungsprozess stagniert. Die Entscheidungsbefugnis liegt in den einzelnen Gremien. Der Regisseur hat nur ein Vetorecht. Dieses wurde bislang nur ein einziges Mal genutzt. In der Anfangsphase nach der Umstellung schlugen die Mitarbeitenden aus Kostengründen vor, den jährlichen sozialen Event zu streichen. Diesen Entschluss blockierte er und die Veranstaltung fand statt.

Maximen der Personalverantwortung: Glück ist eine Zielgröße

Personalverantwortliche sind losgelöst von Prozessen und kümmern sich um Menschen. Kriterien sind Wohlbefinden (Glück), Fairness und Unparteilichkeit. Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen suchen sich ihre, vorab durch Wahl dazu ermächtigten, Personalverantwortlichen selbst aus. Die Personalverantwortlichen sind allerdings nicht für den Bereich zuständig, in dem sie selbst arbeiten.

Prozessverantwortung (u.a. Budget, Ressourcen) und Personalverantwortung ist damit getrennt. Abstimmung zwischen Prozess- und Personalverantwortlichen sind obligatorisch. Juristische Expertise wird durch Weiterbildung aufgebaut oder bei Bedarf extern hinzugezogen. Personalverantwortliche übernehmen in Abstimmung mit den Prozessverantwortlichen Einstellungen wie Entlassungen, führen Mitarbeitergespräche und betreuen neue Kolleginnen und Kollegen.

Über die Teilnahme an Weiterbildungen wird im Rahmen eines Kontingents von den Mitarbeitenden selbst entschieden. Personalverantwortung als Selbstverantwortung. Diese haben darüber hinaus ein Budget von 200 Euro, die sie monatlich arbeitsplatzbezogen verwenden können, sofern es der Arbeit und dem Umgang mit ihr dient.

Work-Life-Balance

Ein wesentliches Element zur Förderung der Mitarbeiterautonomie ist die Arbeitszeitflexibilität. Dazu wurde eine Gleitzeitvereinbarung abgeschlossen. Daneben gibt es verschiedene Teilzeitmodelle, die die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigen. Ebenso wird die Möglichkeit für ein Teleworking angeboten. Mit Ausnahme der Produktion sind die Beschäftigten ermächtigt, zwei Tage pro Woche von einem anderen, selbst gewählten Ort zu arbeiten. Die letzte Regelung ist auch ökologisch motiviert. Um Stress, bewirkt durch eine persönliche Überbeanspruchung in den Griff zu bekommen, wurde die Übernahme von Zusatzfunktionen pro Kopf beschränkt. Fertigungsengpässe, die nicht durch eine kurzfristige Mehrarbeit aufgefangen werden können, werden durch Leiharbeit gedeckt (die gelegentlich später in die reguläre Belegschaft überwechseln).

Honorierung: Selbstzuteilung

Alle Zahlen im Unternehmen sind transparent, bis auf die Gehälter des Einzelnen (rechtlich nicht erlaubt – nur mit Zustimmung des Mitarbeiters, mit Ausnahme des Regisseurs). Die Summe der Gehälter auf Prozessebene ist für jeden ersichtlich. Die Höhe der Gehälter wird von den Mitarbeitenden in der Abstimmung und den Kenntnis der Geschäftszahlen selbst festgelegt. Zusatzverantwortungen werden dabei berücksichtigt und extra entlohnt.

Kooperationen

TELE ist bestrebt, sich zu vernetzten und beidseitig gewinnbringende Kooperationen einzugehen. Vernetzungsforen sind Diskussion und Gespräche mit Wissenschaft und Praxis sowie Verknüpfungen mit Start-ups und Trendsettern. Dadurch wird die Möglichkeit gesehen, in einer Art Echtzeitlabor Entwicklung zu testen, die die Menschen, die Organisation und Technologien berühren. Anfang September eröffnet der Factory Hub Vienna, der die Flexibilität und Lernorientierung mit folgender Zielsetzung (Tele Website 2017) weiter befördern soll:

TELE geht mit dem Factory Hub Vienna ganz neue Wege. Bei uns im Haus können Startups nicht nur ihre Ideen entwickeln und Prototypen schaffen – bei uns kommen sie auch mit Spezialisten für die Serienfertigung ins Gespräch und können bei Bedarf sogar im Haus produzieren

Mut zum Experiment auf der Arbeit und in der Organisation

Soweit der geraffte Einblick in eines der mit Blick auf die Organisationsform und die Einbindung des Menschen in die Organisation des zurzeit innovativsten Unternehmen im deutschsprachigen Raum. Das Erstaunen über die Andersartigkeit ist so groß, dass TELE ein gewaltiges Echo in den Medien findet und Besucherströme von DAX-Unternehmen, potentiellen Konkurrenten, Beratern und Wissenschaftlern zwischenzeitlich kanalisieren muss.

Eigentlich sollte man sich darüber wundern, denn bei TELE wurde und wird tatsächlich nur versucht, den gesunden Menschenverstand spielen und walten zu lassen, der mit zahlreichen Erkenntnissen aus der Managementlehre problemlos zu unterfüttern wäre:

  1. Sinn für das Tun anbieten
  2. Auf Fähigkeiten und Neigungen konzentrieren, dabei Verantwortung einfordern und Selbstführung als Grundlage sehen
  3. Gleichrangigkeit als Ausgangspunkt wählen, funktionale Differenzierungen temporär zulassen, z.B. in Form einer geliehenen Berechtigung zur Führung, und würdigen
  4. Strukturen schaffen und Regeln definieren, die gemeinsam als funktional gesehen werden, aber mit guten Gründen flexibel verbessert werden können
  5. Mit Personen und Institutionen/Organisationen sich austauschen oder kooperieren, die Lernerfahrungen ermöglichen, beidseitigen Nutzen versprechen und der Gesellschaft nicht schaden, vielmehr einen positiven Beitrag zu deren Entwicklung liefern.

Gesunder Menschenverstand stimmt mit wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht selten im Grundsatz überein. Ein Kollege von mir beliebt zu sagen, dass BWL eigentlich nur die Anwendung des gesunden Menschenverstandes im wirtschaftlichen Kontext sei. Dieser Menschenverstand wird in zu vielen Organisationen heute allerdings nicht mehr aktiviert. Das Gewohnte, wozu auch typische Rochaden von Personen und Strukturen gehören, ist stattdessen die Norm. Hierarchische Macht, die zu oft mit persönlicher Verfügungsmacht verwechselt wird, verhindert allzu gerne kritische Fragen. Wer sich als Organisation oder Führungskraft aber nicht selbst fragt, ob der richtige Weg auf die richtige Art und Weise eingeschlagen ist, wird eines Tages unliebsam von anderen gefragt oder gleich übergangen werden.

Der Hauptgrund, warum Unternehmen viel öfter den gesunden Menschenverstand befragen und ihm folgen sollten, sind sicher rasante technologische Entwicklungen (v.a. Digitalisierung), die das Potenzial haben, das Gewohnte vollständig durcheinanderzuwirbeln. Aber auch weitflächige Unzufriedenheiten mit der Führung und verdichteten Arbeitsräumen oder das Aushebeln ehrlichen Engagements tragen dazu bei. Und dann – überlagernd – die kaum mehr zu ignorierende Irrlichter, die ein teils entgrenzterKapitalismus im Wirtschaftssystem selbst erzeugt und infolge Werte wie Praktiken in anderen Gesellschaftsbereichen (u.a. Sport, Bildung, Medien) mit wachsender Geschwindigkeit beeinflusst. Von der aktuell recht guten volkswirtschaftlichen Gesamtlage sollte man sich nicht blenden lassen, denn sie hat nicht nur ihren versteckten Preis, sondern zahlt auch nicht auf die Vergangenheit ein.

Die Organisationswelt ist vielfältig, die Bewertung von Entwicklungen ist es auch. An dieser Stelle ging es allein darum, eine spannende Alternative zum etablierten Standardformat vorzustellen. TELE ist zwar einer der auffälligsten Protagonisten von jenen, die einen eigenen Weg suchen, aber mitnichten der einzige (zahlreiche andere Beispiele finden sich bei Bartz u.a. 2017 sowie Sattelberger u.a. 2015). Dass diese Wege anstrengend sind, auch bei TELE, ist klar, und dass sie nicht von allen Führungskräften wie Nicht-Führungskräften mitgegangen werden können und wollen, auch.

Inwiefern TELE mit Ihren 85 Beschäftigten und andere, in der Regel kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), mittelfristig am Markt erfolgreich sind, wird sich weisen. Die Überlebensraten von Organisationen sinken beständig und wer sich behaupten wird, ist offen – Kennzeichen jeder unternehmerischen Tätigkeit in fairen Märkten.

Jedenfalls versuchen diese Unternehmen, anders vorzugehen. Deshalb erhalten sie Aufmerksamkeit und verdienen Respekt. Respekt insbesondere dafür, via New Work wieder das argumentativ unhintergehbare, aber im Alltäglichen häufig verschüttete oder bewusst pervertierte Ziel allen Wirtschaftens stark zu machen, nämlich der Gesellschaft und damit den Menschen zu dienen – gesunder Menschenverstand gleichsam. Die Begründer der Nationalökonomie besaßen ihn bereits und wer dies wieder aufgreift und umsetzt, handelt zukunftsweisend. Vor noch nicht allzu langer Zeit sah sich der damalige BDI-Präsident, Ulrich Grillo, aufgerufen (2016), seine Zunft genau hieran zu erinnern.

Lesen Sie auch unser Interview mit Markus Stelzmann (TELE): „Ich will wirken.

Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) (2016): Wirtschaft muss der Gesellschaft dienen.  Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Auszüge. Abgerufen am 12.08.2017.
https://bdi.eu/artikel/news/wirtschaft-muss-der-gesellschaft-dienen/

Bartz, M. / Gnesda, A. /Schmutzer, T. (Hg.)(2017): Unternehmen der nächsten Generation. Atlas des neuen Arbeitens, Berlin

Reininger, B./Stelzmann, M. (2017): TELE Haase Steuergeräte: Mit gesunde Menschenverstand zum Unternehmen der Zukunft. In: Bartz, M. u.a. (siehe dort), S. 395-408

Sattelberger, T. / Welpe, I. / Bös, A. (Hg.) (2015): Das demokratische Unternehmen. Neue Arbeits- und Führungskulturen im Zeitalter digitaler Wirtschaft, München

TELE (2017): Webauftritt. Abgerufen am 12.08.2017.
https://www.tele-online.com/

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